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Alarm wegen der Schildlaus, die den Anbau von Kaktusfeigen bedroht

Experten warnen vor der Gefahr der Ausbreitung der Schildlaus (Karminschildlaus, Cochenilleschildlaus, Cochenillelaus oder Cochenille), einem grenzüberschreitenden Schädling, der durch den Klimawandel verstärkt wird und die Kulturen von Kaktusfeigen und die damit verbundenen Wirtschafts- und Handelstätigkeiten in Tunesien gefährdet. Der im August 2021 in Mahdia entdeckte Schädling hat sich ausgebreitet und die Regionen Kairouan, Monastir und Sousse erreicht. Dies geht aus einem aktuellen Bericht des tunesischen Forums für wirtschaftliche und soziale Rechte (FTDES) mit dem Titel „Umweltrechte, Klimawandel, ökologische und soziale Gerechtigkeit“ hervor.

Nour Eddine Nasr, ein Experte für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, der die Ausbreitung der Schildlaus in Marokko verfolgt hatte, warnte vor den Gefahren dieses Insekts für den Feigenkaktus, der als „grüner Schatz“ Tunesiens bezeichnet wird, und ermutigte die Landwirte, die Feigenbäume zu beschneiden und besser zu organisieren, um den Prozess der Überwachung und Früherkennung der Infektion zu erleichtern.
Der im FTDES-Bericht zitierte Experte forderte die Ausarbeitung eines Notfallprogramms zur Bekämpfung dieses Insekts und dessen Übertragung an das nationale und regionale Komitee zur Katastrophenbekämpfung.
Er forderte außerdem die Einrichtung eines nationalen Komitees und lokaler Komitees, die sich aus Forschern, Fachleuten und der auf Kaktusfeigen spezialisierten Gemeinschaft zusammensetzen und unter der Aufsicht der Vorsitzenden des nationalen Komitees und der regionalen Katastrophenbekämpfungskomitees stehen, die gemäß den Katastrophenbekämpfungsprogrammen die Überwachung übernehmen und Berichte vorlegen.

Siehe auch: Die Rote Kaktusschildlaus bedroht die Kaktusfeigen Tunesiens

Regen spielt eine wirksame Rolle bei der Beseitigung von Schildläusen, doch laut Forschungsergebnissen zu diesem Schädling hat das Klima in Tunesien mit seinen hohen Temperaturen die Vermehrung und das Überleben dieser Insekten begünstigt, insbesondere im Sommer 2023, der von den höchsten jemals gemessenen Temperaturen geprägt war.

Nasr, plädierte daher für die Schulung von Landwirten und Investoren in Methoden der integrierten Schädlingsbekämpfung, insbesondere in der Prävention durch Früherkennung für Investoren, sowie für das Beschneiden von Feigenkakteen, das Ausreißen und das Vergraben.
Dem Experten zufolge sollten alle infizierten Kakteen in den Gouvernoraten Mahdia, Monastir und Kairouan sowie alle später entdeckten Herde schnell gerodet und vergraben werden, wobei die Situation vor Ort überwacht werden sollte.

Er forderte außerdem die strikte Anwendung der landwirtschaftlichen Quarantäne, um die Ausbreitung der Schildlaus einzudämmen, und die Ausarbeitung eines integrierten Programms, um den Erfolg dieser Quarantäne durch Information, Sensibilisierung und Schulung der Landwirte, insbesondere der Frauen und Kinder, die an der Ernte der Früchte beteiligt sind, zu gewährleisten.

Diese Schädlinge sind saugende Insekten und entziehen der Pflanze Nährstoffe, was zu Missbildungen, sowie zum Austrocknen der Pflanze führen. Erkennbar ist ein Befall von Kaktuspflanzen in Form eines weißen, baumwollähnlichen Flaums auf den Ohren des Feigenkaktus. Dies wiederum führt zu Ernteausfällen und enormen Schäden für die Landwirte und die ländliche Bevölkerung. Darüber hinaus stoßen einige Schildläuse Honigtau aus, der Ameisen und einen schwarzen Pilz, den Fumagin, anlockt, was weitere schwere Schäden verursacht.
Schildläuse fühlen sich in warmen, feuchten und beengten Umgebungen wohl. Eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine Temperatur über 27°C erhöhen die Eiablage. Tropische Umgebungen, beheizte Gewächshäuser und kältegeschützte Baumschulen fördern ihre Entwicklung. Unter günstigen Bedingungen können fünf neue Generationen pro Jahr das Licht der Welt entdecken. Einige Gebiete in Tunesien sind besonders betroffen, da sie Herde aufweisen, die sich für die Ausbreitung dieses ursprünglich in Südamerika lebenden Insekts eignen.
Dieses Phänomen ist die Ursache für die Zerstörung von Verarbeitungsbetrieben, was zur Verschlimmerung der Arbeitslosigkeit beiträgt, insbesondere bei Frauen, die in diesen Betrieben oder beim Pflücken der Kaktusfeigen arbeiten. Darüber hinaus schadet diese Plage dem Viehzuchtsektor, insbesondere in Dürrejahren, da die Kaktusfeige als Viehfutter dient, was sich laut dem FTDES-Bericht negativ auf das Einkommen der Viehzüchter und die Verfügbarkeit von Milch- und Fleischprodukten auswirkt.

Es ist daher unbedingt erforderlich, den Bewohnern und Landwirten in den betroffenen Gebieten logistische Unterstützung bei der Bekämpfung dieser Plage zukommen zu lassen, indem man daran arbeitet, nicht infizierte Gebiete zu isolieren, um sie zu schützen. Den Autoren des Berichts zufolge ist es außerdem unerlässlich, die Ratschläge der Experten zu befolgen und sie unter den Fachleuten des Sektors zu verbreiten, wobei der Schwerpunkt auf dem Beschneiden nicht infizierter Feigenkakteen und deren Überwachung, insbesondere im Winter, liegen sollte.
„Dieser Ansatz würde es ermöglichen, schnell einzugreifen, um die Ausbrüche einzudämmen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung des Insekts zu begrenzen“.

In Tunesien werden auf einer Fläche von rund 600.000 Hektar Kaktusfeigen angebaut, darunter 400.000 Hektar glatter Sorten und 200.000 Hektar stacheliger Sorten. Die Kaktusfeige wird in Tunesien vielfältig verwendet, u. a. als Zaun zur Abgrenzung von Grundstücken und Häusern, als Schutzzaun und zur Verstärkung des Erosionsschutzsystems.

Die Frucht, die auch ein großes Wertschöpfungspotenzial aufweist, hat sich einen Weg in den Export gebahnt. Die Zahl der tunesischen Unternehmen, die sie verwerten, ist auf 67 gestiegen und die Exporte von Kaktusfeigenprodukten haben im Zeitraum 2020 bis 2022 um 89% zugenommen, so die Verantwortlichen des Projekts für den Zugang zu externen Märkten „PAMPAT Tunisie“, ein von der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) durchgeführtes Projekt.

Nordafrika blieb bis 2014 von diesem Schädling verschont
In Tunesien wurde das erste Auftreten dieses Insekts im September 2021 im Gouvernorat Mahdia festgestellt. Seit 2017 hatte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) Tunesien jedoch vor den Risiken dieses Schädlings für die Feigenbaumkulturen gewarnt. Damals wütete die Schildlaus in Marokko, wo sie schließlich mindestens 90% der Plantagen zerstörte.
Angesichts des Ernstes der Lage hatte die FAO ein Notprogramm zur Bekämpfung und Ausrottung der Schildlaus ausgearbeitet und dafür gesorgt, dass ihre Einschleppung in andere Länder des Maghreb, insbesondere Algerien, Tunesien sowie Libyen, wo sich der Kaktus über große Flächen ausbreitet, verhindert wird. Doch der Schaden ist bereits angerichtet, das Insekt verwüstet leider Hunderte Hektar Kaktusfeigenanbau und verursacht dabei erhebliche Schäden.
Bis 2014 war Nordafrika eine Region, die von diesem Schädling verschont blieb, bevor er Ende 2014 in Saniyet Berguig in einer ländlichen Gemeinde in Marokko entdeckt wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Marokko mitten in einem Kakteenanpflanzungsprogramm mit dem Ziel, bis 2020 eine Fläche von 160.000 Hektar und 2 Millionen Tonnen Früchte zu erreichen.

Raubkäfer ernähren sich von Schildläusen
Professor Bouzid Nassraoui, Experte für Pflanzenschutz, hält die Bekämpfung des roten Insekts für eine schwierige Aufgabe, da die Feigenkaktusfarmen, die sich in der Regel in weitläufigen und bergigen Regionen befinden, nur schwer zugänglich sind. „Nach den derzeitigen Erfahrungen in Marokko, die mit Unterstützung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gemacht wurden, beruht die Bekämpfung hauptsächlich auf chemischen Methoden, bis andere biologische und landwirtschaftliche Ansätze entwickelt und resistente Sorten gegen diesen Schädling gefunden werden“, erklärte er gegenüber La Presse.
Er fügte hinzu: „Das Landwirtschaftsministerium muss sich in personeller, materieller und finanzieller Hinsicht auf diese ernste Bedrohung vorbereiten, da sich solche Schädlinge und Krankheiten schnell ausbreiten. Dies ist für viele Landwirte von größter Bedeutung, da ein Teil der ländlichen Bevölkerung für ihren Lebensunterhalt vom Feigenkaktusanbau abhängig ist“.

In anderen Teilen der Welt hat der Kampf gegen dieses Insekt seinen Ursprung in der Natur selbst. In Mexiko und Marokko, den am stärksten betroffenen Ländern, greift man auf ein natürliches Heilmittel zurück: den Dreizack-Marienkäfer. Nachdem im letzten Jahr die Einführung von acht Sorten angekündigt wurde, die gegen diese winzigen Schädlinge resistent sind, hat sich im Königreich Chile die Verwendung von räuberischen Marienkäfern aus Mexiko als Alternative bewährt. Dieses Insekt, das sich ausschließlich von Schildläusen ernährt, kann diesen Schädling innerhalb von fünf Jahren ausrotten. In Tunesien werden solche umweltfreundlichen Lösungen derzeit noch nicht eingesetzt.

Nutzung durch den Menschen: Aus den weiblichen Tieren wird seit Jahrhunderten der Farbstoff Karmin gewonnen, dessen Hauptbestandteil die Karminsäure ist. Karmin ist verhältnismäßig licht- und wärmebeständig. Es ist der oxidationsbeständigste aller natürlichen Farbstoffe und sogar stabiler als viele synthetische Farbstoffe. Als Lebensmittelfarbstoff ist Karmin mit der Kennzeichnung E 120 in der Europäischen Union zugelassen. Es wird für Fleisch- und Wurstwaren verwendet, außerdem für Surimi, Marinaden, Soßen, Konserven, Käse und andere Milchprodukte, Gebäck, Glasuren, Tortenfüllungen, Marmeladen, Desserts, Süßigkeiten, Fruchtsäfte, Spirituosen und andere Getränke. Der durchschnittliche Verbraucher nimmt pro Jahr ein bis zwei Tropfen Karminsäure mit der Nahrung auf.
Karmin findet auch Verwendung als Kosmetikfarbstoff und für Malerfarben. Die Pharmaindustrie verwendet es für orale Arzneiformen (Dragées, Filmtabletten, Kapseln) und Salben.

Titelbild (Ausschnitt): H. Zell – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Teile dieses Artikels sind erstmals bei Webmanager Center in französischer Sprache erschienen.