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Die Rote Kaktusschildlaus bedroht die Kaktusfeigen Tunesiens

Die Rote Kaktusschildlaus (Cochenilleschildlaus, Cochenillelaus oder Cochenille) ist ein stiller Schädling, der sich zu einer weltweiten Plage entwickelt hat und Kakteen bedroht. Das Landwirtschaftsministerium hat vor einem Jahr einen harten Kampf gegen ihre Ausbreitung eingeleitet. In anderen Ländern wurden fast alle Kaktusfeigenplantagen vernichtet. In Tunesien wurde das erste Auftreten dieses Insekts im September 2021 im Gouvernorat Mahdia festgestellt.

Die Zeit der Globalisierung ist auch die Zeit der Ausbreitung von Schädlingen und Krankheiten, auch auf Tier- und Pflanzenebene. Die rote Schildlaus ist eine schwere, invasive Schädigung, die Kakteen zerstört. Für den Menschen stellt sie keine Gefahr dar. Wie andere Länder ist auch Tunesien betroffen.

Laut des tunesischen Verbands für Landwirtschaft und Fischerei (UTAP) befinden sich die Hauptherde der Roten Kaktusschildlaus (Dactylopius coccus) derzeit in der Sahelzone sowie in Kairouan und Sidi Bouzid, während die Bemühungen zur Bekämpfung der Schildlaus fortgesetzt werden, um ihre Ausbreitung zu bremsen und die betroffenen Gebiete zu begrenzen. Die verschiedenen regionalen Vertretungen der UTAP warnen immer wieder vor einem deutlichen Anstieg der Zahl der entdeckten Ausbrüche.

Auf Seiten des Landwirtschaftsministeriums neigt man dazu, die Landwirte sowie die Verbraucher von Kaktusfeigen zu beruhigen. Auf Anfrage der Tageszeitung „La Presse“ erklärte die Generaldirektion für Pflanzengesundheit, dass die Situation derzeit unter Kontrolle sei und dass es nur wenige Ausbreitungsherde dieses Insekts gebe, die sich auf die Sahelzone konzentrierten. Die Abteilung gibt an, dass fast 3.000 Hektar durch Entfernungs- und Verbrennungsoperationen gegen das Insekt der Kaktusschildlaus behandelt wurden. Diese Flächen verteilen sich auf die Gouvernorate Mahdia, Monastir, Kairouan, Sousse, Sfax und Sidi Bouzid. „Die Behörden haben einen Notfallplan zur Bekämpfung der Roten Schildlaus gestartet und dies seit einem Jahr. In den betroffenen Gebieten werden Sensibilisierungskampagnen und Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt, wobei eine ganze nationale Strategie zur Bekämpfung der Schildlaus eingeführt wurde“, hieß es. Und er fügte hinzu, dass der Gegenschlagplan neben dem Einsatz bestimmter Pestizide auch das Entfernen und Verbrennen der beschädigten Kakteen umfasst.

Ein stiller Schädling
Schildläuse sind Insektenschädlinge, die Blätter, Stängel oder auch Wurzeln von Zier-, Obst- und Gemüsepflanzen, vor allem aber von Kakteen, befallen. Diese Insekten haben ein breites Spektrum an Pflanzen, die sie befallen. In Tunesien sind vor allem Kaktusfeigen von dieser sogenannten roten Kaktusschildlaus bedroht.

Diese Schädlinge sind saugende Insekten und entziehen der Pflanze Nährstoffe, was zu Missbildungen, sowie zum Austrocknen der Pflanze führen. Dies wiederum führt zu Ernteausfällen und enormen Schäden für die Landwirte und die ländliche Bevölkerung. Darüber hinaus stoßen einige Schildläuse Honigtau aus, der Ameisen und einen schwarzen Pilz, den Fumagin, anlockt, was weitere schwere Schäden verursacht.
Schildläuse fühlen sich in warmen, feuchten und beengten Umgebungen wohl. Eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine Temperatur über 27 °C erhöhen die Eiablage. Tropische Umgebungen, beheizte Gewächshäuser und kältegeschützte Baumschulen fördern ihre Entwicklung. Unter günstigen Bedingungen können fünf neue Generationen pro Jahr das Licht der Welt entdecken. Einige Gebiete in Tunesien sind besonders betroffen, da sie Herde aufweisen, die sich für die Ausbreitung dieses ursprünglich in Südamerika lebenden Insekts eignen.

Nordafrika blieb bis 2014 von diesem Schädling verschont
In Tunesien wurde das erste Auftreten dieses Insekts im September 2021 im Gouvernorat Mahdia festgestellt. Seit 2017 hatte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) Tunesien jedoch vor den Risiken dieses Schädlings für die Feigenbaumkulturen gewarnt. Damals wütete die Schildlaus in Marokko, wo sie schließlich mindestens 90 % der Plantagen zerstörte.
Angesichts des Ernstes der Lage hatte die FAO ein Notprogramm zur Bekämpfung und Ausrottung der Schildlaus ausgearbeitet und dafür gesorgt, dass ihre Einschleppung in andere Länder des Maghreb, insbesondere Algerien, Tunesien sowie Libyen, wo sich der Kaktus über große Flächen ausbreitet, verhindert wird. Doch der Schaden ist bereits angerichtet, das Insekt verwüstet leider Hunderte Hektar Kaktusfeigenanbau und verursacht dabei erhebliche Schäden.
Bis 2014 war Nordafrika eine Region, die von diesem Schädling verschont blieb, bevor er Ende 2014 in Saniyet Berguig in einer ländlichen Gemeinde in Marokko entdeckt wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Marokko mitten in einem Kakteenanpflanzungsprogramm mit dem Ziel, bis 2020 eine Fläche von 160.000 Hektar und 2 Millionen Tonnen Früchte zu erreichen.

Raubkäfer ernähren sich von Schildläusen
Professor Bouzid Nassraoui, Experte für Pflanzenschutz, hält die Bekämpfung des roten Insekts für eine schwierige Aufgabe, da die Feigenkaktusfarmen, die sich in der Regel in weitläufigen und bergigen Regionen befinden, nur schwer zugänglich sind. „Nach den derzeitigen Erfahrungen in Marokko, die mit Unterstützung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gemacht wurden, beruht die Bekämpfung hauptsächlich auf chemischen Methoden, bis andere biologische und landwirtschaftliche Ansätze entwickelt und resistente Sorten gegen diesen Schädling gefunden werden“, erklärte er gegenüber La Presse.
Er fügte hinzu: „Das Landwirtschaftsministerium muss sich in personeller, materieller und finanzieller Hinsicht auf diese ernste Bedrohung vorbereiten, da sich solche Schädlinge und Krankheiten schnell ausbreiten. Dies ist für viele Landwirte von größter Bedeutung, da ein Teil der ländlichen Bevölkerung für ihren Lebensunterhalt vom Feigenkaktusanbau abhängig ist“.

In anderen Teilen der Welt hat der Kampf gegen dieses Insekt seinen Ursprung in der Natur selbst. In Mexiko und Marokko, den am stärksten betroffenen Ländern, greift man auf ein natürliches Heilmittel zurück: den Dreizack-Marienkäfer. Nachdem im letzten Jahr die Einführung von acht Sorten angekündigt wurde, die gegen diese winzigen Schädlinge resistent sind, hat sich im Königreich Chile die Verwendung von räuberischen Marienkäfern aus Mexiko als Alternative bewährt. Dieses Insekt, das sich ausschließlich von Schildläusen ernährt, kann diesen Schädling innerhalb von fünf Jahren ausrotten. In Tunesien werden solche umweltfreundlichen Lösungen derzeit noch nicht eingesetzt.

Nutzung durch den Menschen: Aus den weiblichen Tieren wird seit Jahrhunderten der Farbstoff Karmin gewonnen, dessen Hauptbestandteil die Karminsäure ist. Karmin ist verhältnismäßig licht- und wärmebeständig. Es ist der oxidationsbeständigste aller natürlichen Farbstoffe und sogar stabiler als viele synthetische Farbstoffe.
Als Lebensmittelfarbstoff ist Karmin mit der Kennzeichnung E 120 in der Europäischen Union zugelassen. Es wird für Fleisch- und Wurstwaren verwendet, außerdem für Surimi, Marinaden, Soßen, Konserven, Käse und andere Milchprodukte, Gebäck, Glasuren, Tortenfüllungen, Marmeladen, Desserts, Süßigkeiten, Fruchtsäfte, Spirituosen und andere Getränke. Der durchschnittliche Verbraucher nimmt pro Jahr ein bis zwei Tropfen Karminsäure mit der Nahrung auf.
Karmin findet auch Verwendung als Kosmetikfarbstoff und für Malerfarben. Die Pharmaindustrie verwendet es für orale Arzneiformen (Dragées, Filmtabletten, Kapseln) und Salben.
Lebensmittel und andere Produkte, die aus Schildläusen gewonnenes Karmin enthalten, sind inakzeptabel für Vegetarier und Veganer. Viele Muslime betrachten karminhaltige Lebensmittel als verboten (haram), da der Farbstoff aus Insekten gewonnen wird. Auch viele Juden vermeiden Lebensmittel, die diesen Zusatzstoff enthalten. Einige jüdische Autoritäten erlauben jedoch den Einsatz, weil das Insekt getrocknet und zu Pulver zerrieben wird

Titelbild (Ausschnitt): H. Zell – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Dieser Artikel ist erstmals bei La Presse in französischer Sprache erschienen.