Innenminister Hichem Mechichi wird zum Regierungschef ernannt
Staatspräsident Kais Saied hat am späten Abend des Samstag, den 25 Juli 2020, den bisherigen tunesischen Innenminister Hichem Mechichi zum neuen Regierungschef ernannt. Nun bleibt dem parteilosen Mechichi ein Monat Zeit, eine neue Regierung zu bilden. Wird diese neue Regierung nicht in einer Vertrauensabstimmung mit absoluter Mehrheit bestätigt, müssen das Parlament aufgelöst werden und innerhalb von drei Monaten Neuwahlen erfolgen.
Hichem Mechichi wurde im Januar 1974 geboren. Er hat einen Master-Abschluss in Rechtswissenschaften von der Fakultät für Rechts- und Politikwissenschaften in Tunis, ein Abschlusszertifikat der National School of Administration (ENA) Tunis und ein Master in öffentlicher Verwaltung an der Nationalen Verwaltungsschule in Straßburg, Frankreich.
Neben seines Amtes als Innenminister war Mechichi leitender Berater des Präsidenten der Republik und zuständig für rechtliche Angelegenheiten. Er war auch Stabschef in den Ministerien für Verkehr, Gesundheit und Soziales. Mechichi war Generaldirektor der Nationalen Agentur zur Kontrolle von Gesundheits- und Umweltprodukten.
Seit dem 27. Februar 2020 war er Innenminister in der Regierung von Elyès Fakhfakh.
Zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Tunesiens stammt der ernannte Regierungschef nicht aus den Regionen des Sahel oder dem Großraum Tunis, sondern aus den Bergen des Nordwestens, einer der ärmsten Regionen des Landes: Bousalem, Gouvernorat von Jendouba.
Hichem Mechichi stammt aus einer bürgerlichen Familie, wenn auch nicht arm, hat an den Schulen der Republik studiert und die Nationale Schule für Administration abgeschlossen. Er hat seine gesamte Karriere in der öffentlichen Verwaltung verbracht, weit weg von Lobbys. weit weg von Parties, weit weg von den üblichen Cliquen. Dies unterscheidet sich ein wenig von dem Profil, an das wir uns seit einiger Zeit gewöhnt haben, dem des französisch-tunesischen Ingenieurs, der in den Grandes Ecoles von Frankreich studiert hat, in Karthago oder La Marsa lebt und seit langer Zeit für private Gruppen arbeitet. Aus diesen Gründen wird Mechichi wohl kaum in die Bredouille bezüglich Interssenskonflikten geraten.
Die Parteien stehen jetzt wieder mit dem Rücken zur Wand. Der Druck der öffentlichen Meinung belastet jetzt die politischen Parteien sehr, beginnend mit der ersten von ihnen: Ennahdha. Die Parteien und ganz vorne Ennahdha sind die Hauptverursacher der seit 2011 im Land wütenden Krise. Bis dahin haben sie mit den uns bekannten katastrophalen Folgen regiert. Nachdem sie in den Augen der Wähler jede Glaubwürdigkeit verloren haben und die Auflösung der Versammlung befürchtet wurde, über die das Staatsoberhaupt ohne zu zögern entscheiden wird, stehen sie heute wieder am Anfang und mit dem Rücken zur Wand: Entweder sie geben der neuen Regierung unter Hichem Mechichi ihre Zustimmung oder der Bürger geht an die Wahlurne und dort wird es für die meisten Parteien ein böses Erwachen geben.
Präsident Saïed weiß das ganz genau. Als er Herrn Mechiri empfing, um ihn offiziell mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sagte er zu ihm und sprach die Parteien durch ihn an: „Wir haben seit den letzten Wahlen viel Zeit verloren. Es ist Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen. Die Menschen können nicht länger warten. “ Ein Satz, der wie eine Warnung des Mannes klingt, der sich jetzt im Zentrum des politischen Spiels positioniert, dessen Metronom er aufgrund der Gnade der Verfassung ist. Und wahrscheinlich schon lange.
Titelbild: Präsidentschaft der Republik