Die Medina von Kairouan – UNESCO Weltkulturerbe
Kairouan ist eine Stadt in Tunesien mit etwa 120.000 Einwohnern, 50 km westlich von Sousse und Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernorats. Bis zum 11. Jahrhundert war die Stadt ein wichtiges Zentrum der islamischen Lehren im arabischen Nordafrika (Ifrīqiya). Die Altstadt und ihre nach orientalischer Tradition nach Zünften geordneten Märkte, ihre Moscheen und andere Sakralbauten stehen seit 1988 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes.
Die Stadt wurde um 670 von den muslimischen Arabern unter ʿUqba ibn Nāfiʿ als Feldlager im Landesinneren gegründet, da die Flotte von Byzanz noch das Mittelmeer beherrschte. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte Kairouan sich zum Zentrum der arabischen Kultur und der islamischen Rechtswissenschaften in Nordafrika. Die Stadt spielte auch bei der Arabisierung der Berber eine bedeutende Rolle.
Kairouan war Hauptsitz der arabischen Statthalter von Ifrīqiya und später die Hauptstadt der Aghlabiden. Als im Jahr 909 die schiitischen Fatimiden die Macht in Ifriqiya mit Kairouan als Residenz übernahmen, kam es zu Spannungen mit der streng sunnitischen Bevölkerung der Stadt, so dass die Fatimiden ihre Aktivitäten in die von ihnen gegründeten Hauptstadt al-Mahdiya (heute Mahdia) an der östlichen Meeresküste verlagerten und schließlich gegen 973 das Zentrum ihres Kalifats nach Kairo (al-Qāhira) verlagerten.
Sehenswürdigkeiten
Die Medina
Absolut sehenswert ist die Medina der Stadt mit ihren Ständen der kleinen Händler der Souks in den engen Gassen mit ihren weißen Fassaden und blassblauen Türen. Versäumen Sie es nicht, den Bir Barrouta zu besuchen, ein von einer Kuppel überdachter Brunnen, der im Volksglauben seit langem verehrt wird. Im Inneren des Gebäudes bewegt ein sich im Kreis marschierendes Dromedar ein altes System aus Rädern und Schaufeln, mit dem das Wasser an die Oberfläche befördert wird. Prägend für die Medina von Kairouan ist das Handwerk der Teppichknüpferei. In den Souks finden sie viele Händler, die Teppiche mit den typischen geometrischen Berbermotiven anbieten. In Teppichknüpfereien können sie die Kunstfertigkeit der Knüpferinnen bewundern.
Die große Moschee
Wenn man sich der Medina nähert, fällt dem Besucher sofort das Minarett der Großen Moschee (Sidi Oqba Moschee) ins Auge. Dieses ist relativ schmucklos und von der Form her dem Leuchtturm von Alexandria nachempfunden. Nichtmuslime haben außer freitags und den Gebetszeiten Zutritt zum Innenhof, von wo aus sie einen Blick in den Gebetsraum mit seinem majestätischen Wald an Arkaden und antiken Säulen werfen können. In diesen Gebetsraum führen siebzehn mächtige Zedernholztore, der mit einer Fläche von 3.200 m² beachtliche Ausmaße hat, allerdings für Touristen nicht zugänglich ist.
Drei-Tore-Moschee
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die „Drei Tore Moschee“. Erbaut wurde sie im Jahre 866 von dem Gelehrten Mohamed Ben Khairoun Andaloussi aus Cordoba. Diese Moschee zeichnet sich durch eine wunderschöne Fassade und durch ihre arabische Schriften sowie ihre Reliefs aus. Ursprünglich hatte die Moschee kein Minarett. Wahrscheinlich während der Restaurierungsarbeiten unter den Hafsiden hat man neben der Ost-Arkade der Fassade ein kleines Minarett im Stil der Zeit hinzugefügt.
Barbiermoschee (Grab des Gefährten des Propheten)
Die Grabanlage des Lokalheiligen von Kairouan, Abū Zamʿa al-Balawī, ein Gefährte des Propheten Mohammed, liegt außerhalb der Stadtmauer im Stadtteil al-Balawiya. Der Legende nach soll er drei Barthaare des Propheten bei sich getragen haben; daher die, allerdings nur in europäischen Reiseführern dokumentierte Bezeichnung der Anlage als „Barbiermoschee“. Er soll bereits während des Kalifats von ʿUthmān ibn ʿAffān an den ersten arabischen Feldzügen in Nordafrika teilgenommen haben, im Jahr 654-655 in einer näher nicht identifizierbaren Schlacht gefallen und in der Region von Kairouan, die erst Jahrzehnte später besiedelt wurde, beigesetzt worden sein. Zum Grab gelangt man durch einen großen Innenhof und einen mit Wandfliesen reich geschmückten Korridor im türkischen Stil. Die Koranschule und der Betsaal sind zu Beginn der 1990er Jahre renoviert worden und sind heute auch für Touristen zugänglich.
Aghlabiden-Becken
Die mittelalterliche Stadt wurde einst über monumentale Anlagen mit Wasser versorgt. Sie war umgeben von fünfzehn großen runden Becken, von denen das größte 128 Meter im Durchmesser erreichte und die das Wasser aus den umliegenden Bergen speicherten.
Stadtmauer
Die erste Befestigung der Stadt mit einer Mauer aus Lehmziegeln erfolgte auf Anordnung des Abbasidenkalifen al-Manṣūr zwischen 762 und 763. Der andalusische Geograph Abū ʿUbaid al-Bakrī nennt sechs Tore, von denen das Tunis-Tor (Bāb Tūnis) an der Nordmauer heute noch erhalten ist. Seitdem wurde die Stadtmauer mehrfach zerstört und wieder aufgebaut und weiter befestigt. Erst zwischen 1756 und 1772 erhielt die Stadtmauer ihre gegenwärtige Form mit einer Länge von 3.800 Metern und einer Höhe zwischen vier und acht Metern. Aus dieser Zeit stammen die Inschriften, die den Wiederaufbau dokumentieren: am Bāb al-Dschallādīn (Tor der Lederhändler – heute: Bāb asch-schuhadāʾ: Tor der Märtyrer) an der Südmauer, am al-Bāb al-Dschadīd (das Neutor) im Nordwesten und am im Volksmund als Bāb al-Chaucha genannten Tor im Südosten, das in den Inschriften Bāb an-naṣr (Siegestor) und Bāb al-Dschāmiʿ (Tor (zur) Hauptmoschee) bezeichnet wird.
Zu erreichen ist Kairouan über organisierte und geführte Ausflüge, die vielfach in den Hotels buchbar sind. Zudem fahren ab den Küstenstädten Monastir und Sousse Autobuslinien und Sammeltaxis mit festen Routen (Louages) nach Kairouan.
Titelbild: Momin Bannani from London, UK [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons
Quellen: Wikipedia, Kommune Kairouan, Fremdenverkehrsamt Tunesien