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News rund um Tunesien

This Day in History: 1987-08-02

Islamistischer Anschlag 1987 Sousse und Monastir

In Sousse und Monastir explodieren am Tag vor Bourguibas Geburtstag vier Bomben in Touristenhotels. Betroffen waren das El Hana Beach, das Kuriat Palace, das Sahara Beach und der Hannibal Night Club in Port El Kantaoui. Dreizehn Verletzte, darunter zwölf europäische Touristen – hauptsächlich Italiener und Briten – und ein Tunesier. Eines der Opfer, eine britische Staatsbürgerin, musste ein Bein amputiert werden.

Der Anschlag, der in diesem Ausmaß in dem Land beispiellos war, traf eine Region von hoher symbolischer Bedeutung: Monastir ist die Geburtsstadt von Präsident Habib Bourguiba, der sich zu diesem Zeitpunkt dort aufhielt. Die Wahl des Datums scheint ebenso bedeutungsvoll: Die Anschläge ereigneten sich am Vorabend der Feierlichkeiten zum 84. Geburtstag des Staatschefs.

Die Explosionen richteten sich gegen belebte Orte, insbesondere Bars und Nachtclubs, aber der Sachschaden blieb begrenzt. Die Behörden sprechen von selbstgebauten Sprengkörpern geringer Sprengkraft, die am Eingang von Hotels oder in Unterhaltungsbereichen platziert wurden. Trotz der relativ geringen Zahl an Opfern sind die psychologischen Auswirkungen groß: Es ist das erste Mal, dass der Tourismus, eine strategische Säule der tunesischen Wirtschaft, so direkt ins Visier genommen wird.

Es wurden zunächst keine Forderungen gestellt. Doch sehr schnell richtete sich der Verdacht gegen islamistische Kreise, insbesondere gegen die Bewegung der islamischen Tendenz (MTI), die spätere Ennahdha. Am 17. August strahlte das tunesische Fernsehen die Geständnisse von sechs Verdächtigen aus, die sich als Mitglieder der MTI vorstellten. Am 27. August beginnt ein umfangreicher Prozess vor dem Staatssicherheitsgericht: Neunzig islamistische Aktivisten werden wegen versuchten Staatsstreichs und Zusammenarbeit mit dem Ausland angeklagt, darunter etwa vierzig, die auf der Flucht sind. Zu den Angeklagten gehören auch die Urheber der Anschläge von Sousse und Monastir. Die festgenommenen Verdächtigen, Mehrez Boudegga, Boulbaba Dekhil, Abdelmajid Mili, Ali Laarayedh, Hamadi Jebali, Salah Karkar, Fathi Maatoug, Fadhel Baldi und Rached Ghannouchi werden am 17. August im tunesischen TV präsentiert.

Zu den Hauptangeklagten gehört Hamadi Jebali, Ingenieur und Führungsmitglied der MTI. Er wird in diesem Fall zu einer hohen Haftstrafe verurteilt. Vierundzwanzig Jahre später wird er dank der von Ennahdha gewonnenen Wahlen von 2011 Regierungschef. Der Werdegang dieses ehemaligen Häftlings, der damals an einer terroristischen Aktion beteiligt war, veranschaulicht die seltsame Dialektik der postrevolutionären Entwicklungen in Tunesien.

Die Ermittlungen zu den Anschlägen werden einem damals in der Öffentlichkeit noch wenig bekannten Richter übertragen: Farhat Rajhi, Untersuchungsrichter am Gericht von Sousse. Er leitet die Ermittlungen und überwacht die ersten Verfahren gegen die Verdächtigen. Auch Farhat Rajhi wird einen kurzen, aber bemerkenswerten Auftritt in der tunesischen Politik haben und nach der Revolution von 2011 Innenminister werden.

Fast vier Jahrzehnte nach den Ereignissen sind die Anschläge vom 2. August 1987 weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis Tunesiens verschwunden. Sie werden nur selten erwähnt, obwohl sie für die Geschichte der zeitgenössischen politischen Gewalt im Land von grundlegender Bedeutung sind. Sie erinnern jedoch daran, dass der radikale Islamismus keine nach 2011 importierte Bedrohung von außen ist, sondern ein endogener und alter Bestandteil der tunesischen Szene.