Kairouan: Solarkraftwerk Sbikha geht Ende November 2025 ans Netz
Im Herzen des Gouvernorates Kairouan steht Tunesien kurz vor einem wichtigen Schritt in seiner Energiewende. Die 230 Megawatt-Photovoltaikanlage von Sbikha, die größte des Landes, wird Ende November 2025 in Betrieb genommen. Dieses Projekt, das im Herbst 2024 gestartet wurde und heute zu 95% fertiggestellt ist, symbolisiert einen Kurswechsel hin zu einem unabhängigeren, saubereren und verantwortungsvolleren Energiemodell.
Laut Sofiène Amara, Generaldirektor des privaten Unternehmens, das das Projekt trägt, wird das Kraftwerk seine Produktion in das Netz der Société tunisienne de l’électricité et du gaz (STEG) einspeisen, dem alleinigen Abnehmer der erzeugten Energie.
Der fast 200 Hektar große Standort beeindruckt durch seine Kapazität und seine Ambitionen. Mit einer Jahresproduktion von 230 Megawatt wird er etwa 1,3% des nationalen Stromverbrauchs decken. In einem Land, das noch immer fast zwei Drittel seines Energiebedarfs importiert, ist dieser Beitrag weit mehr als nur eine Zahl, er ist ein konkreter Schritt in Richtung Energiesouveränität. Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen sind erheblich: Das Kraftwerk wird die Erdgasimporte um fast 25 Millionen Dollar pro Jahr reduzieren und damit das Defizit der nationalen Energiebilanz verringern. Die Gesamtkosten, die auf 260 Millionen Dinar geschätzt werden, rechtfertigen sich durch nachhaltige Vorteile: Verringerung der Stromausfälle während der Sommerhochs, Diversifizierung der Versorgungsquellen und Modernisierung des Netzes.
Hauptinvestor des Projekts ist Amea Power Ltd. mit Sitz in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate). Das Unternehmen ist auf die Entwicklung, Finanzierung, den Bau und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien in Afrika, dem Nahen Osten und Asien spezialisiert. Die Projektleitung obliegt der eigens für dieses Projekt gegründeten Projektgesellschaft Kairouan Solar Plant Sarl. Die Anlage wird im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) mit Amea Power als Hauptinvestor in einem Joint Venture mit dem chinesischen Unternehmen Xinjiang New Energy entwickelt. Exklusiver Stromabnehmer ist STEG, das einen langfristigen Stromabnahmevertrag (PPA) abgeschlossen hat. Das Projekt profitierte zudem von internationalen Garantien, unter anderem der Multilateralen Investitionsgarantie-Agentur (MIGA), einer Einrichtung der Weltbankgruppe. Diese Garantien trugen zur Risikominderung und zur Gewinnung ausländischen Kapitals bei.
Über die finanziellen und technischen Aspekte hinaus zeugt dieses Projekt von einem klaren politischen Willen: Tunesien auf einen grünen Kurs zu bringen. In einem globalen Kontext, der vom Kampf gegen den Klimawandel geprägt ist, stellt das Kraftwerk von Sbikha eine nationale Antwort auf eine globale Herausforderung dar. Durch seine Inbetriebnahme können jährlich etwa 120.000 Tonnen Kohlendioxidemissionen vermieden werden, was zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks des Landes und zur Verbesserung der Luftqualität beiträgt.
r.
Ein Modell für nachhaltige Umstellung und ökologische Innovation
Dieses Projekt zeichnet sich auch durch seinen ökologischen Ansatz aus. 200 Hektar bisher unproduktives, salzhaltiges Randland wurden in einen Energiebereich mit hohem Mehrwert umgewandelt. Die Installation von 210.000 Photovoltaikmodulen – zu denen noch 10.000 weitere hinzukommen werden – haucht einem verlassenen Gebiet neues Leben ein und respektiert gleichzeitig sein ökologisches Gleichgewicht.
Zum ersten Mal in Tunesien wurden geräuscharme Systeme integriert, um Vögel zu schützen und die lokale Artenvielfalt zu erhalten. Diese besondere Sorgfalt im Umgang mit Fauna und Flora macht Sbikha zu einer Referenz in Sachen Vereinbarkeit von industrieller Produktion und Umweltschutz. Die Auswirkungen des Projekts gehen somit über den Bereich der Energieversorgung hinaus. Es ebnet den Weg für neue Praktiken in der Raumplanung und der Planung öffentlicher Infrastrukturen. Durch die Umwandlung degradierter Flächen in produktive Ressourcen veranschaulicht es konkret die Möglichkeit einer nachhaltigen Entwicklung nach tunesischem Vorbild: ein Modell, das auf lokaler Wertschöpfung, technologischer Innovation und der Erhaltung des Naturerbes basiert.
Eine Zukunftsvision für ein grünes Tunesien
Das Solarkraftwerk von Sbikha ist kein Selbstzweck, sondern ein Ausgangspunkt. Es ist Teil einer nationalen Strategie, deren Ziel es ist, den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix bis 2030 auf 35 % zu steigern. Es inspiriert bereits andere öffentliche und private Projekte in mehreren Regionen des Landes. Durch seinen Beitrag zur Sicherung der Stromversorgung, zur Verringerung der Abhängigkeit von Gasimporten und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Energiesystems wird Sbikha zu einem Symbol der Hoffnung und Modernität.
Das Projekt der Station zur Stromerzeugung aus Sonnenenergie in Kairouan ist das erste einer Reihe ähnlicher Projekte mit einer Kapazität von 500 Megawatt, die im Rahmen des Konzessionssystems in fünf Gouvernoraten genehmigt wurden, nämlich in Tataouine mit einer Kapazität von 200 Megawatt, Tozeur 50 Megawatt, Sidi Bouzid 50 Megawatt, Kairouan 100 Megawatt und Gafsa 100 Megawatt.
Titelbild: Symbolfoto einer Solaranlage
Quelle: Le Temps News

