Präsidentielles Dekret 2021-1 bezüglich des Impfpasses (Pass Sanitaire)
Im Amtsblatt N° 98 der Tunesischen Republik (JORT) wurde das präsidentielle Gesetzesdekret Nr. 2021-1 vom 22. Oktober 2021 über den Impfpass (Pass Sanitaire) bezüglich des SARS-CoV-2-Virus veröffentlicht. Bei nahezu allen öffentlichen Einrichtungen, Gesundheitseinrichtungen, Restaurants und Freizeiteinrichtungen muss der Pass vorgelegt werden, um die Einrichtung betreten zu können. Auch Arbeitnehmer und Beamte sind quasi gezwungen, sich impfen zu lassen, um ihre Arbeitsstelle betreten zu können. Touristen, die mit einer Impfbescheinigung eine vollständige Impfung belegen können, erhalten von den Behörden bei ihrer Ankunft in Tunesien einen tunesischen Impfpass ausgestellt. Das Dekret umfasst 11 Artikel, die wir nachfolgend übersetzt haben.
Artikel 1 dieses Gesetzesdekrets Nr. 2021-1 sieht vor, dass jeder Person mit tunesischer Staatsangehörigkeit oder mit Wohnsitz in Tunesien, die mindestens achtzehn (18) Jahre alt ist und den Impfplan gegen das „SARS-CoV-2“-Virus abgeschlossen hat, ein Impfpass ausgestellt wird. Der Impfpass kann auch Personen unter 18 Jahren ausgestellt werden, die ihren Impfplan abgeschlossen haben. Der Pass wird auch an Ausländer, die nach Tunesien einreisen, und Tunesier, die im Besitz von im Ausland ausgestellten Bescheinigungen oder Impfpässen sind, vergeben. Ein besonderer Ausweis wird den Personen ausgestellt, für die eine Impfung gegen das „SARS-CoV-2“-Virus nicht geeignet ist. Es sei darauf hingewiesen, dass das Modell des Impfpasses, seine technischen Merkmale sowie die Bedingungen und Verfahren für seine Zuteilung durch einen gemeinsamen Erlass des für Gesundheit zuständigen Ministers und des für Kommunikationstechnologien zuständigen Ministers festgelegt werden.
Artikel 2 beschreibt die Örtlichkeiten, wo man den Impfpass vorlegen muss, um diese betreten zu können. Das sind:
- Strukturen und Ämter, die dem Staat, den lokalen Behörden und öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen und Institutionen zugehörig sind
- Bildungs- und Hochschuleinrichtungen, Berufsbildungseinrichtungen, Kinderkrippen, Kindergärten und Kouttabs (Anm.: religiös geprägte Kindergärten) im öffentlichen und privaten Sektor sowie Sozialeinrichtungen
- Öffentliche und private Gesundheitseinrichtungen für die Begleitung von Kranken oder für Krankenbesuche
- Gefängnisse, Erziehungsheime für straffällige Kinder und Polizeigewahrsam für Besuche
- Cafés, Restaurants und verschiedene Kategorien von Lokalen, touristischen Einheiten und Bereichen, die Öffentlichkeit empfangen
- Orte und Räume, die für Freizeitaktivitäten und Feste sowie für die Veranstaltung von Messen, Konferenzen, künstlerischen, wissenschaftlichen, kulturellen und sportlichen Veranstaltungen sowie für Gottesdienste vorgesehen sind.
Artikel 3: Jede Person tunesischer Staatsangehörigkeit, die den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzesdekrets unterliegt, muss bei der Ausreise aus dem tunesischen Hoheitsgebiet an den verschiedenen Grenzübergängen zu Lande, zu Wasser und in der Luft den Impfpass vorlegen.
Artikel 4: Die Ministerien müssen in Abstimmung mit dem für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerium intensive Impfkampagnen für ihre Bediensteten und Mitarbeiter organisieren.
Der Zeitplan für die sektoralen Impfkampagnen wird durch gemeinsame Mitteilungen des Gesundheitsministers und des Ministers für die sektorale Aufsicht spätestens sieben (7) Tage nach der Veröffentlichung dieses Gesetzesdekrets im Amtsblatt JORT.
Der Impfplan für Personen, die in Gefängnissen und Haftanstalten untergebracht sind, wird ebenfalls innerhalb der im zweiten Absatz dieses Artikels vorgesehenen Frist durch Beschluss der für Gesundheit, Justiz und Inneres zuständigen Minister festgelegt.
Artikel 5: Beamte und Angestellte des privaten Sektors haben Anspruch auf einen Tag bezahlten Urlaub, um sich impfen zu lassen, sofern sie ihrem Vorgesetzten oder Arbeitgeber einen Nachweis über die Impfung vorlegen. Der Vertreter oder Arbeitnehmer profitiert außerdem von Krankheitsurlaub zusätzlich zu dem vorgenannten Urlaub auf der Grundlage eines entsprechenden ärztlichen Attests.
Artikel 6: Die Nichtvorlage des Impfpasses führt bei Bediensteten des Staates, der Gebietskörperschaften und der öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen und Betriebe zur Aussetzung der Ausübung des Dienstes und bei Beschäftigten des Privatsektors zur Aussetzung des Arbeitsvertrags, bis der Impfpass vorgelegt wird.
Der Zeitraum, in dem die Ausübung der Funktion und des Arbeitsvertrags ausgesetzt ist, wird nicht vergütet.
Artikel 7: Die mit dem Empfang der Öffentlichkeit in den in Artikel 2 des vorliegenden Gesetzesdekrets genannten Räumen und Orten des öffentlichen Sektors beauftragten Personen sind unter der Verantwortung ihrer Vorgesetzten für die Anwendung des Verbots des Zugangs zu diesen Räumen und Orten im Falle der Nichtvorlage des Impfpasses verantwortlich.
Bei Nichteinhaltung der Bestimmungen des ersten Absatzes dieses Artikels wird gegen die betreffenden Bediensteten ein Disziplinarverfahren nach den geltenden Rechtsvorschriften eingeleitet.
Die in den Artikeln 125 und 127 des Strafgesetzbuchs vorgesehenen Strafen finden Anwendung, wenn die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Bediensteten in Ausübung ihres Dienstes angegriffen werden.
Artikel 8: Im Falle eines Verstoßes gegen das in Artikel 2 des vorliegenden Gesetzesdekrets erwähnte Verbot, Räume und Orte des privaten Sektors zu betreten, ordnet der örtlich zuständige Gouverneur die vorübergehende Schließung des Raums oder Ortes an, in dem der Verstoß begangen wurde, und zwar für einen Zeitraum von höchstens fünfzehn (15) Tagen. Private Gesundheitseinrichtungen unterliegen nicht der Schließungsanordnung.
Artikel 9: Der in Artikel 8 des vorliegenden Gesetzesdekrets vorgesehene Bericht wird von den Inspektoren der Wirtschaftskontrolle, den Hygienebeauftragten, den Arbeitsmedizinern, den Arbeitsinspektoren und den Kontroll- und Inspektionsbeamten der beaufsichtigenden öffentlichen Einrichtungen erstellt, und zwar jeder in seinem Zuständigkeitsbereich.
Dies geschieht durch ein Gutachten, das von zwei beauftragten und vereidigten Bevollmächtigten erstellt wird, nachdem sie ihre Befähigung angezeigt und ihre Berufsausweise vorgelegt haben.
Der Bericht muss die Erklärungen des Zuwiderhandelnden sowie das Datum, den Ort und den Gegenstand des Berichts enthalten und außerdem darauf hinweisen, dass der Zuwiderhandelnde über das Datum und den Ort der Abfassung des Berichts informiert wurde.
Der bei der Erstellung des Berichts anwesende Beamte muss ihn unterzeichnen. Wenn er sich weigert, den Bericht zu unterschreiben oder seine Aussagen zu machen, wird dies im Bericht erwähnt.
Die mit der Erfassung von Verstößen beauftragten Personen sind in Ausübung ihres Amtes befugt, die in Artikel 2 dieses Gesetzesdekrets genannten Räume und Orte zu betreten.
Die Berichte werden dem territorial zuständigen Gouverneur übermittelt, der die Unterstützung der öffentlichen Gewalt bei der Ausführung der Schließungsanordnungen anfordern kann.
Artikel 10: Die Bestimmungen der Artikel 2, 3 und 6 des vorliegenden Gesetzesdekrets treten zwei Monate nach dem Datum seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Tunesischen Republik in Kraft. Diese Bestimmungen bleiben für einen Zeitraum von sechs (6) Monaten nach Ablauf der oben genannten zwei Monate in Kraft.
Artikel 11: Das vorliegende Gesetzesdekret Nr. 2021-1 wird im Amtsblatt der Tunesischen Republik veröffentlicht.
Tunis, 22. Oktober 2021.
Der Präsident der Republik
Kaïs Saïed