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Tunis: Regionalkonferenz zum Thema Aufbau und zur Organisation eines Verfassungsgerichts

Die Deutsche Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit e.V (IRZ) veranstaltete am 12. und 13. Dezember 2018 in Tunis in Kooperation mit der tunesischen „Vorläufigen Kommission zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzentwürfe“ eine Regionalkonferenz zum Thema „Aufbau und Organisation eines Verfassungsgerichts“.

Eröffnet wurde die Veranstaltung vom Präsidenten der Kommission, Taieb Rached, sowie vom Präsidenten des Hohen Justizrates, Youssef Bouzakher. Im Anschluss daran richtete der stellvertretende deutsche Botschafter Carsten Meyer-Wiefhausen einleitende Worte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz. Die Konferenzgäste setzten sich unter anderem sowohl aus ranghohen Mitgliedern des Parlaments als auch aus Mitgliedern des Hohen Justizrates und der Kommission zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze zusammen.

Da sich das Verfassungsgericht in Tunesien zurzeit noch im Aufbau befindet, lag der thematische Schwerpunkt auf strukturellen und organisatorischen Fragen. Dabei stand insbesondere der Aspekt der Wahl der Richterinnen und Richter im Mittelpunkt. Um unterschiedliche Verfahren kennenzulernen und Einblicke in die Praxis bereits etablierter Verfassungsgerichte bzw. Verfassungsräte anderer arabischer Länder zu ermöglichen, hielten Verfassungsrichter aus Marokko und Jordanien sowie Mitglieder des Verfassungsrates aus Algerien Vorträge zu diesen Themen. Von deutscher Seite begleiteten Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Gabriele Britz sowie Bundesverfassungsrichter a.D. Prof. Dr. Michael Eichberger die Veranstaltung, um die Aufgaben und Funktionsweise des Bundesverfassungsgerichtes zu veranschaulichen.

Besonders die unterschiedlichen Prozesse zur Wahl der Richterinnen und Richter führten während der Konferenz zu einem regen Austausch und zahlreichen Diskussionen. Während die Bundesverfassungsrichterinnen und -richter in Deutschland von den Parteien vorgeschlagen und durch den Bundestag bzw. den Bundesrat gewählt werden, werden die Richterinnen und Richter in Jordanien direkt vom König ernannt. Das genaue Verfahren erläuterte Dr. Nauman Elkhatib, Verfassungsrichter in Jordanien. Ähnlich verläuft es in Marokko, wie Mohamed Jaouhari, Verfassungsrichter in Marokko, darstellte.

Ein weiterer Schwerpunkt der Konferenz lag auf den unterschiedlichen Verfahrensarten, für die ein Verfassungsgericht zuständig ist. Auf großes Interesse stieß die individuelle Verfassungsbeschwerde, die in Deutschland mit ca. 6000 Fällen pro Jahr einen erheblichen Teil der zu bearbeitenden Fälle ausmacht. Da es solch ein Konzept weder in Algerien oder Marokko und Jordanien gibt, wurde fachlich auf höchstem Niveau sowohl über Rolle und Wichtigkeit der individuellen Verfassungsbeschwerde als auch über deren praktische Umsetzung und Bewältigung dieser Vielzahl von Fällen diskutiert.

Die regen und lebhaften Gespräche zeigten, dass sich alle Beteiligten über die Wichtigkeit des Verfassungsgerichts als Organ zum Schutz der Menschenrechte und zur Wahrung der Verfassungsmäßigkeit einig sind und dieser Aufgabe bestmöglich gerecht werden möchten.

Eine Fortführung des multilateralen Austausches in der MENA-Region wird im kommenden Jahr durch weitere Veranstaltungen mit den Verfassungsgerichten der Partnerländer angestrebt.

Die Regionalkonferenz wurde im Rahmen des von 2017 bis Ende 2019 laufenden Projekts zur Förderung der Justizreform in Tunesien durchgeführt, welches durch das Auswärtige Amt gefördert wird.

Quelle & Bild: IRZ