Anklage gegen TV-Reporter Fahem Boukadous wegen Gafsa-Berichterstattung (2008)
Der unabhängige TV-Reporter Fahem Boukadous wird von der Polizei wegen der Berichterstattung für den unabhängigen tunesischen TV-Sender Al-Hiwar Attounsi über die Unruhen in der Bergbau-Region Gafsa, 350 km südlich von Tunis, gesucht. Ein weiterer Anklagepunkt ist die Vermittlung von Kontakten zwischen den örtlichen Gewerkschaftsvertretern und der internationalen Presse.
Boukadous, der am 5 Juli untergetaucht ist, wird gesucht wegen „Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung“ und „Verbreitung von Berichten, die die öffentliche Ordnung stören.“ Das verlautbarte die Rechtsanwältin Radhia Nasraoui, Leiterin der Vereinigung zur Bekämpfung der Folter in Tunesien (ALTT), am 11. November 2008 in Tunis gegenüber einer Delegation von „Reporter ohne Grenzen“, die vom 10. bis zum 12. November in Tunesien weilte.
Reporter ohne Grenzen erklärte: „Die tunesischen Behörden können nicht immer wieder auf ihr Engagement für die Einhaltung der Pressefreiheit hinweisen, wenn bei einem solchen wichtigen nationalen Ereignis wie die Unruhen in Gafsa sich ein Journalist gezwungen sieht, sich zu verstecken. Die knappe Berichterstattung in den Medien zeigt, wie wenig Spielraum die tunesischen Medien in Bezug auf nationale politische Nachrichten haben. Die Organisation fügte hinzu: „Boukadous war am richtigen Ort zur richtigen Zeit zur Aufdeckung dieser Unruhen. Als Ergebnis wird er von den Behörden gejagt und musste seine Arbeit aufgeben, um eine Festnahme zu vermeiden. Wir fordern, dass die Beschuldigungen fallen gelassen werden, dass er wieder zu seiner seiner Familie zurückkehren und seine Arbeit als Reporter wieder aufnehmen kann.“
Boukadous (38) wurde im Jahre 2006 Al-Hiwar Attounsi Korrespondent. Er war der erste TV-Reporter, der bei den Demonstrationen in Gafsa vorort war. Er filmte die Märsche, interviewte der Bevölkerung und wurde Zeuge der willkürlichen Verhaftungen von Dutzenden von Teilnehmern, von denen sich auch heute noch viele in Untersuchungshaft befinden. Die Videoufnahmen von Boukadous wurde von vielen führenden arabischen Medien gezeigt und auf Video-Sharing-Websites wie YouTube und Dailymotion veröffentlicht, die beide in Tunesien zensiert sind. Bei Verurteilung drohen ihm bis zu 10 Jahren Gefängnis.
Der unabhängige Sender Al-Hiwar Attounsi, gegründet im Jahre 2002, unterscheidet sich von dem Rest der tunesischen Medien. Mit Sitz in Italien verfügt er nur über begrenzte Ressourcen und sendet nur eine Stunde pro Tag in Tunesien über den Hotbird Satelliten mit Hilfe eines italienischen TV-Senders. Sendezeiten und Programmhinweise werden jede Woche in der Oppositionspresse Tunesiens veröffentlicht. Das Motto des Senders ist: „Das freie Wort ist die Essenz eines freien Staats“ und sein erklärtes Ziel ist es, „Die wenig bekannten Facetten zu zeigen“.
Quelle: Reporter ohne Grenzen (Artikel nicht mehr aufrufbar)
Veröffentlicht am 13. November 2008 in der Kategorie „Oppositionelle & Bürgerrechtler“ des Blogs TunisianGhost