Verkehr

Tunesien: Wo bleibt der biometrische Reisepass?

Der tunesische Reisepass ist in seiner jetzigen Form veraltet und entspricht nicht mehr den internationalen Standards. Angesichts der Zunahme von Terrorismus, Menschenhandel, organisierter Kriminalität und illegaler Einwanderung, aber auch um den Verwaltungsservice für die Bürger zu verbessern und internationalen Standards zu entsprechen, die einen biometrischen Pass für Reisen oder Visa verlangen, haben viele Länder den Prozess der Digitalisierung ihrer Pässe eingeleitet. In Tunesien schlummert der Gesetzentwurf seit der Auflösung des alten Parlaments allerdings in Kartons.

In vielen Ländern wird die Umstellung von Papierpässen auf digitale und biometrische Pässe in Angriff genommen. Tunesien gehört zwar dazu. Seit mehr als sechs Jahren verfügt das Land sogar über eine Druck- und Herstellungslösung für biometrische Reisepässe mit integrierter Smartcard, wie eine gut informierte Quelle erklärte. Diese Drucklösung sowie die Einbände und das spezielle Papier seien bei der offiziellen Druckerei der Tunesischen Republik, die seit 2018 dem Premierministerium untersteht, erworben und sogar installiert worden.

Nur: Um diese biometrische Lösung einzusetzen und das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten einzuhalten, müsste ein Gesetzestext verabschiedet werden, der die Merkmale des neuen Passes und des nationalen Personalausweises (CIN) und die Informationen, die darauf enthalten sein müssen, festlegt.

Seit der alten aufgelösten Nationalversammlung schlummert der Gesetzentwurf in Kartons. Und die neue Macht, die nach dem Referendum vom 25. Juli 2022 installiert wurde, hat diese Problematik noch nicht entschieden. Dies erklärt, warum der biometrische tunesische Reisepass noch nicht das Licht der Welt erblickt hat. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Tunesien bereits seit Jahren biometrische Pässe ausstellt, allerdings nur für Seeleute. Denn um mit einem Schiff, auch einem Handelsschiff, über die Meere reisen und navigieren zu können, muss man einen speziellen Seemannspass mit biometrischen Eigenschaften besitzen.

Tunesien muss nun noch die technische Frage der Wahl der Technologie für seinen digitalen Reisepass entscheiden und festlegen, welche Informationen in den Pass aufgenommen werden sollen und welche Biometrie gewählt wird. Und folglich ein Gesetz verabschieden und so die Polizeistationen mit einem Enrollment-Kit ausstatten, um die biometrischen Daten auf digitale Weise einzugeben, sei es die Iris des Auges, das Gesicht oder die Fingerabdrücke und vielleicht alle drei auf einmal.

Allerdings besteht schon seit Jahren eine Uneinigkeit bezüglich der Daten. Das Innenministerium möchte eine eigene Datenbank mit all diesen Daten aufbauen, wogegen die Datenschutzbehörde Einspruch eingelegt hatte. 
Siehe auch: Tunesien: Einführung des biometrischen Reisepasses ab 2024

Bereits erste Erfahrungen…
In mehreren afrikanischen Ländern gibt es bereits biometrische Reisepässe. Dies gilt unter anderem für Mauretanien (seit über zehn Jahren) oder den Tschad, aber auch für Gabun.

Außerdem gibt es Berichte, dass Syrien, ein Land, in dem Krieg herrscht und das in mehrere Teilstaaten geteilt ist, einen biometrischen Pass einführen wird. Zu den Merkmalen dieses Passes gehört, dass man sich angeblich für eine vollständig digitale Technologie entschieden hat, bei der alle Fingerabdrücke der zehn Finger der Hand digitalisiert werden, das Gesicht kartografiert und die Iris des Auges digitalisiert wird. Am auffälligsten ist jedoch, dass die einzige Möglichkeit, einen neuen Pass zu bekommen, seine Daten einzugeben und einen Termin für die Aufnahme der biometrischen Daten zu bekommen, ein Egov-Serviceportal ist.

Der Sprung ist total und vollständig in Richtung Digitalität.
Eine Wahl, über die man nachdenken sollte und die eine schnelle und sichere Antwort auf die Sorge von Präsident Saïed geben könnte, der jeden Tunesier mit einem Reisepass ausstatten möchte, und das in einem sehr kurzen Zeitraum. Herr Präsident, all Ihre Probleme und Sorgen um die Verbesserung der Qualität der Verwaltungsdienstleistungen gehen heute zwangsläufig in die digitale Welt über. Und Tunesien ist mit Fachwissen, Lösungen und Kompetenzen sehr gut ausgestattet.

Quelle(n):  Economiste Maghrebin