„Team Europa“: Presseerklärung von der Leyen, Saied, Rutte und Meloni
Team Europa ist zurück in Tunis. Ich freue mich, gemeinsam mit Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Ministerpräsident Mark Rutte hier zu sein. Am 11. Juni sind wir hergekommen, um Tunesien eine neue Partnerschaft anzubieten. Heute, etwas mehr als einen Monat später, liefern wir. Vorhin durften wir die Unterzeichnung der Vereinbarung über eine strategische und umfassende Partnerschaft erleben.
Ich danke unseren Teams, die sehr hart gearbeitet haben, um so schnell ein so robustes Paket zu schnüren. Dies ist eine Investition in unseren gemeinsamen Wohlstand, unsere Stabilität und in künftige Generationen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Tunesien und die EU sind durch ihre gemeinsame Geschichte und geografisch verbunden und teilen strategische Interessen. In Zeiten geopolitischer Unsicherheit ist es wichtig, die Zusammenarbeit mit unseren strategischen Partnern zu vertiefen. Deshalb haben wir uns mit Tunesien auf ein umfassendes Maßnahmenpaket geeinigt, das wir nun zügig in die Praxis umsetzen werden.
Wie Sie wissen, stützt es sich auf fünf Säulen.
Die erste Säule betrifft den direkten Kontakt zwischen Menschen. Tunesien hat eine junge und dynamische Bevölkerung. Es liegt in unserem beiderseitigen Interesse, unsere Gesellschaften zusammenzubringen. So schaffen wir vor allem Chancen für junge Menschen. Im Rahmen von Erasmus+ eröffnen wir Tunesien neue Möglichkeiten mit einem Budget von 10 Millionen EUR zur Förderung des Austauschs von Studierenden. Wir werden auch mit „Talentpartnerschaften“ beginnen, um Tunesiens Jugend die Möglichkeit zu geben, in der Europäischen Union zu studieren, zu arbeiten oder eine Ausbildung zu machen. So werden sie in der Europäischen Union Fachwissen und neue Kompetenzen erwerben, die bei ihrer Rückkehr für die tunesische Wirtschaft wichtig sein werden. Wir werden auch zusammenarbeiten, um Schulen zu modernisieren. So unterstützen wir beispielsweise 80 Schulen bei der Vorbereitung auf den digitalen und grünen Wandel. Team Europa leistet dazu einen Beitrag in Höhe von 65 Millionen EUR.
Die zweite Säule ist die wirtschaftliche Entwicklung. Als Partner werden wir eine robuste tunesische Wirtschaft aufbauen, die Erschütterungen besser standhält und wachstumsfördernd ist. Wir sind weiterhin bereit, Tunesien durch die Mobilisierung der Makrofinanzhilfe zu unterstützen, sobald die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, sind wir bereit, sofortige Budgethilfe zu leisten.
Die dritte Säule sind Investitionen und Handel. Die Europäische Union ist bereits der größte ausländische Investor und Handelspartner für Tunesien. Und wir sind bereit, noch viel mehr zu tun. Wir werden zusammenarbeiten, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern und dadurch mehr private Investitionen anzuziehen. Dafür planen wir gemeinsam, in diesem Herbst ein Investitionsforum zu organisieren, das Investoren und internationale Finanzinstitute zusammenbringt. Wir werden auch die Möglichkeit eines umfassenden Luftverkehrsabkommens prüfen. Davon profitiert der tunesische Tourismussektor, und es werden bessere Verbindungen geschaffen, die für unsere Bürger und Unternehmen so wichtig sind. Ein wichtiger Investitionsschwerpunkt wird der digitale Sektor sein. Wir haben bereits gute Projekte in Vorbereitung, wie zum Beispiel das Medusa-Unterseekabelsystem, das Tunesien mit Europa verbinden wird. Ab 2025 wird es elf Länder rund um den Mittelmeerraum vernetzen, und es werden 150 Millionen EUR in dieses wichtige Projekt fließen. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Wasserwirtschaft und die nachhaltige Landwirtschaft. Das ist unerlässlich, um sich an ein trockeneres Klima anzupassen und das Lebensmittelsystem klimafest zu machen. Wir werden unser Know-how bündeln, Technologien austauschen und Investitionen in diesen kritischen Sektor mobilisieren.
Das bringt mich zu meinem vierten Punkt. Tunesien hat ein enormes Potenzial für erneuerbare Energien. Das ist bekannt. Diesen Sektor muss Tunesien weiterentwickeln. Wir sind zuverlässige Lieferanten der notwendigen Technologie, und wir wissen, dass Europa zuverlässige Lieferanten sauberer Energie braucht. Wir wollen unsere Wirtschaft klimaneutral machen, und dafür sind wir auf saubere Energiequellen – wie zum Beispiel grünen Wasserstoff – und Strom aus erneuerbaren Energien angewiesen. Es ist also eine Win-Win-Situation. Es liegt in unserem beiderseitigen Interesse. Wir arbeiten bereits an mehreren Projekten wie ELMED, einem Unterseekabel, das Tunesien mit Italien verbindet und Strom nach Europa bringt. Wir investieren über 300 Millionen EUR in dieses Projekt. Und das ist erst der Anfang. Wir werden mit Tunesien eine strategische Energiepartnerschaft schließen, um die Energiewende zu beschleunigen und vor Ort gute Arbeitsplätze zu schaffen. Ziel ist es, die Versorgungssicherheit zu verbessern und Bürgern und Unternehmen auf beiden Seiten saubere Energie zu erschwinglichen Preisen anzubieten.
Die fünfte Säule ist die Migration, bei der wir mehr denn je eine wirksame Zusammenarbeit brauchen. Das tragische Schiffsunglück vor einigen Wochen, bei dem viele Menschen ums Leben kamen, war ein weiterer Weckruf. Wir müssen gegen kriminelle Netzwerke von Schleusern und Schlepperbanden vorgehen. Sie schlagen aus der Verzweiflung der Menschen rücksichtslos Kapital, und wir müssen ihnen das Handwerk legen. Deshalb werden wir mit Tunesien an einer operativen Partnerschaft gegen Schleuserkriminalität arbeiten. Wir werden uns auch bei Such- und Rettungseinsätzen enger abstimmen. Und wir haben eine Zusammenarbeit bei Grenzmanagement, Bekämpfung der Schleuserkriminalität, Rückkehr und Ursachenbekämpfung unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts vereinbart. Dafür werden wir mehr als 100 Millionen EUR an EU-Geldern zur Verfügung stellen. Ebenso wichtig ist unsere Arbeit zur Erleichterung der legalen regulären Migration. Darunter fallen die Talentpartnerschaften, die ich zu Beginn erwähnt habe. Und damit bin ich wieder am Anfang – bei der Bedeutung direkter Kontakte zwischen Menschen.
Abschließend lässt sich also sagen: wir haben ein gutes Paket geschnürt. Jetzt müssen wir es umsetzen, damit die Menschen auf beiden Seiten des Mittelmeers davon profitieren.
Titelbild: Präsidentschaft Tunesien
Quelle („Team Europa“: Presseerklärung von der Leyen, Saied, Rutte und Meloni): Europäische Kommission